Pressemitteilung zum 12.12.2013

Logo-Ei-200Verein für genitale Selbstbestimmung gegründet 

Mit neuen Gesetzen zur sogenannten Jungenbeschneidung, zur geschlechtlichen Identität von intersexuellen Menschen und zur weiblichen Genitalverstümmelung rückt das Thema von Eingriffen an den Genitalien Minderjähriger immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus. In Mainz hat sich nun ein Verein gegründet, der sich für das Recht aller Menschen auf genitale Selbstbestimmung einsetzt.

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Am heutigen Tag jährt sich die Verabschiedung des Gesetzes zur sogenannten Jungenbeschneidung – § 1631 d Bürgerliches Gesetzbuch – durch den deutschen Bundestag. Um religiöse „Beschneidungen“ von Jungen in Deutschland nach einem ablehnenden Urteil eines Kölner Gerichtes weiterhin zu ermöglichen, wurde mit diesem Gesetz Eltern weitgehend freie Hand bei der Entscheidung über eine „Beschneidung“ ihrer Söhne – auch aus anderen als religiösen Motiven – gegeben. 

In den letzten Monaten gab es zwei weitere wichtige gesetzgeberische Entscheidungen im Zusammenhang mit Eingriffen an den Genitalien Minderjähriger: Im Mai 2013 wurde mit § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz neben dem weiblichen und männlichen ein drittes, neutrales Geschlecht eingeführt, das für intersexuelle Menschen in Geburtsurkunde und Pass eingetragen werden kann. Dies ist ein bedeutender Schritt zu mehr Rechten und mehr gesellschaftlicher Anerkennung für Intersexuelle, auch wenn das Problem, dass Eltern sich gedrängt sehen, die Geschlechtsmerkmale ihres Kindes bereits in jüngsten Jahren operativ „normalisieren“ zu lassen – eine Vorgehensweise, die zu viel Leid bei den Betroffenen führen kann – auch weiterhin bestehen wird. 

Im Juli 2013 schließlich wurde mit dem neuen § 226a Strafgesetzbuch ein gesonderter Straftatbestand für die Verstümmelung weiblicher Genitalien eingeführt, der ein höheres Strafmaß und eine längere Verjährungsfrist ermöglicht und somit ein klares Signal setzt, dass diese Praktik in Deutschland geächtet ist. Um Mädchen und Frauen wirksam zu schützen, sind allerdings zusätzliche Maßnahmen wie Beratungsangebote und Schulungen für Multiplikatoren erforderlich. 

Fragen der genitalen Unversehrtheit und Selbstbestimmung über den eigenen Körper rücken also mehr und mehr in den gesellschaftlichen Fokus. Im Rahmen der erhöhten Aufmerksamkeit fällt allerdings eine Ungleichbehandlung der Geschlechter auf: Während Mädchen verstärkt geschützt werden und Intersexuelle einen ersten Fortschritt begrüßen können, wurden Jungen wesentlich schlechter gestellt, indem eine Verletzung ihrer körperlichen Unversehrtheit ausdrücklich erlaubt wurde. 

In Mainz gibt es nun einen gemeinnützigen Verein, der sich ohne Ansehen des Geschlechtes für genitale Selbstbestimmung einsetzt, d.h. für das elementare Grundrecht aller Menschen, selbst darüber zu entscheiden, welche nicht unmittelbar medizinisch notwendigen Eingriffe an ihren Genitalien vorgenommen werden. 

„intaktiv e.V. – eine Stimme für genitale Selbstbestimmung“ leitet dieses Recht aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der UN-Kinderrechtskonvention und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Menschenwürde, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, den persönlichen Freiheitsrechten und der Gleichheit aller Menschen, ab. Angesichts des Leitsatzes der Menschenrechtserklärung, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, ist eine geschlechtsspezifische Diskriminierung, wie sie sich insbesondere durch das Gesetz zur sogenannten Jungenbeschneidung manifestiert, demnach nicht hinnehmbar. 

Vielmehr sind in diesem Sinne alle Kinder und Jugendlichen, die insbesondere die sexuelle Tragweite einer Operation an den Genitalien noch nicht nachvollziehen können und in ihrer Meinungsbildung noch stark von ihrem sozialen Umfeld abhängig sind bzw. die ihre eigenen Wünsche noch nicht gegenüber ihrer Familie durchsetzen können, vor nicht medizinisch notwendigen Eingriffen zu schützen. 

intaktiv will seine Ziele in erster Linie durch Aufklärung erreichen und dabei mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten sowie Betroffene unterstützen und darin bestärken, über ihr Leid zu sprechen. Der Verein betont, dass er sich nicht gegen Religionen wendet, sondern mit Menschen aller Kulturen und Religionen zusammenarbeiten will, um einen Wandel der gegen das Prinzip der genitalen Selbstbestimmung verstoßenden Praktiken herbeizuführen. 

intaktiv e.V. – eine Stimme für genitale Selbstbestimmung 

www.intaktiv.de

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