Wahlprüfsteine zur Europawahl: Antworten der Parteien
Zwei Wochen vor der Europawahl liegen uns die Antworten von vier der zehn angeschriebenen Parteien – der Partei der Humanisten, der Piratenpartei, der Linken und der SPD – auf unsere Wahlprüfsteine zum Schutz aller Kinder vor Genitalverstümmelungen vor.
Im Folgenden finden sich Zusammenfassungen der Antworten sowie Links zu den jeweiligen vollständigen Antworten als PDF.
Update 31.05.2024: Mittlerweile haben wir Antworten von drei weiteren Parteien erhalten. Volt und die Grünen haben allerdings nur mitgeteilt, dass ihnen zeitlichen und/oder personellen Kapazitäten fehlen, um die Fragen zu beantworten. Beantwortet wurden die Wahlprüfsteine von der CDU/CSU.
Weiterhin können wir dank der Initiative eines unserer Fördermitglieder auch Antworten von österreichischen, bei der EU-Wahl antretenden Parteien veröffentlichen. Hier die bisher eingegangenen Antworten:
Update 06.06.2024: Heute hat auch noch die FDP geantwortet.
Hinweis: intaktiv ist parteipolitisch neutral und informiert lediglich, ohne eine Wahlempfehlung auszusprechen.
Partei der Humanisten
Die Partei der Humanisten (PdH) unterstützt eine Untersuchung bzw. einen Bericht über Genitaloperationen (WPS 2), einen geschlechtsunabhängigen Schutz von Kindern vor Genitalverstümmelung in der EU-Kinderrechtsstrategie (WPS 3), eine Resolution an die Mitgliedstaaten (WPS 4) und eine Ergänzung der EU-Grundrechtecharta (WPS 5).
Das Erfordernis einer expliziten Verankerung von Kinderrechten in den Verfassungen der Mitgliedstaaten (WPS 1) ist innerparteilich noch in Diskussion.
Die PdH betont dabei, dass aus ihrer Sicht weder religiöse noch traditionelle Rituale Erwachsenen das Recht geben, ohne medizinische Notwendigkeit über die Genitalien eines Kindes zu bestimmen und dass sie die medizinisch nicht notwendige Beschneidung von Kindern ablehnt.
Die vollständigen Antworten der PdH als PDF.
Piratenpartei
Die Piratenpartei hält es für erforderlich, Kinderrechten Verfassungsrang zu geben (WPS 1), begrüßt Forschung zu Genitaloperationen (WPS 2) und unterstützt einen geschlechtsunabhängigen Schutz von Kindern vor Genitalverstümmelung in der EU-Kinderrechtsstrategie (WPS 3), eine Resolution des Europaparlamentes an die Mitgliedstaaten (WPS 4) sowie eine Ergänzung der EU-Grundrechtecharta (WPS 5).
Die Beschneidung von Jungen erwähnt die Piratenpartei nicht gesondert, betont aber die Geschlechtsunabhängigkeit von Kinderrechten. Sie fordert die Kriminalisierung von nicht medizinisch notwendigen geschlechtsangleichenden Eingriffen an intersexuellen Kindern, sieht aber geschlechtsangleichenende Operation nicht per se als Genitalverstümmelung an. [Anmerkung: intaktiv selbstverständlich auch nicht, sofern sie auf einer freien, informierten und selbstbestimmten Entscheidung der betroffenen Person basiert!]
Die vollständigen Antworten der Piratenpartei als PDF.
Die Linke
Die Linke unterstützt die Verankerung von Kinderrechten in den Verfassungen der Mitgliedstaaten (WPS 1), eine Untersuchung bzw. einen Bericht über Genitaloperationen (WPS 2), einen geschlechtsunabhängigen Schutz von Kindern vor Genitalverstümmelung in der EU-Kinderrechtsstrategie (WPS 3), eine Resolution an die Mitgliedstaaten (WPS 4) und eine Ergänzung der EU-Grundrechtecharta (WPS 5).
Die Zirkumzision (Beschneidung) eines männlichen Kindes schließt sie dabei aus – allerdings nur, sofern das Kind einsichts- und urteilsfähig ist sowie das 14. Lebensjahr vollendet und eingewilligt hat. Wir gehen davon aus, dass dies bedeutet, dass die Linke Jungen unter 14 Jahren vor Beschneidungen schützen will.
Die vollständigen Antworten der Linken als PDF.
SPD
Die SPD unterstützt grundsätzlich eine Untersuchung bzw. einen Bericht über Genitaloperationen (WPS 2), einen geschlechtsunabhängigen Schutz von Kindern vor Genitalverstümmelung in der EU-Kinderrechtsstrategie (WPS 3), eine Resolution an die Mitgliedstaaten (WPS 4) und eine Ergänzung der EU-Grundrechtecharta (WPS 5) bzw. verweist auf bereits begonnene Initiativen dazu.
Allerdings bezieht sie sich in ihren Antworten ausschließlich auf die weibliche Genitalverstümmelung. In Bezug auf die Beschneidung von Jungen will die SPD Raum insbesondere für die jüdische religiöse Beschneidung bewahren, soweit das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Intersexuelle Kinder werden nicht erwähnt.
Bezüglich der Verankerung von Kinderrechten in den Verfassungen der Mitgliedstaaten (WPS 1) sieht die SPD keine Kompetenz bei der EU.
Die vollständigen Antworten der SPD als PDF.
CDU/CSU
Bezüglich der Verankerung von Kinderrechten in den Verfassungen der Mitgliedstaaten (WPS 1) ist die CDU/CSU zurückhaltend, da die Balance zwischen dem elterlichen Erziehungsauftrag und dem staatlichen Wächteramt nicht beschädigt werden dürfe.
Die WPS 2 bis 5 beantwortet die CDU/CSU gebündelt und bezieht sich dabei ausschließlich auf die weiblche Genitalverstümmelung., die sie entschieden bekämpft. Sie verweist auf ein Positionspapier der EVP-Fraktion zur Geschlechtergleichstellung, in dem die Europäische Kommission, der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) und die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Zusammenarbeit mit Drittländern zu verstärken, um der Ausrottung von Genitalverstümmelung durch bestehende und künftige Programme Vorrang einzuräumen.
Die vollständigen Antworten der CDU/CSU als PDF.
FDP
Die FDP möchte die Relevanz und Bedürfnisse von Kindern im Grundgesetz stärker betonen, ohne das bestehende Gleichgewicht zwischen Kindern, Eltern und Staat zu verändern (WPS 1).
WPS 3 und 5 beantwortet sie gleichlautend damit, dass sie einen gemeinsamen Einsatz der europäischen Staats- und Regierungschefs für die vollständige Abschaffung der Genitalverstümmelung bei Kindern in Europa und weltweit befürwortet. Aus dem letzten Satz dazu – dass sie einen europaweiten Straftatbestand der Genitalverstümmelung nach dem Vorbild Deutschlands begrüßen würde – geht indirekt hervor, dass sie dabei in erster Linie oder ausschließlich an weibliche Genitalverstümmelung denkt.
Bei den WPS 2 und 4 berücksichtigt die FDP jedoch die Geschlechtsunabhängigkeit: Sie unterstützt eine evidenzbasierte Diskussion und Forschung zu allen Aspekten von Genitaloperationen an Kindern aller Geschlechter und sieht eine Resolution des Europaparlaments zur Eindämmung von Genitalverstümmelungen, unabhängig vom Geschlecht, als bedeutsamen Schritt an.