Weibliche Genitalverstümmelung (1)

Als weibliche Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation, kurz: FGM) bezeichnet man Eingriffe an den weiblichen Geschlechtsorganen, die ohne medizinische Indikation in der Regel aus kulturellen oder religiösen Gründen und meist vor der Pubertät durchgeführt werden.


Begrifflichkeit
 

Der Begriff weibliche Genitalverstümmelung ist nicht unumstritten. Manche betroffene Frauen empfinden ihn als beleidigend, verletzend und als Herabsetzung ihrer Kultur. Im Englischen wird daher neben Female Genital Mutilation auch die neutralere Bezeichnung Female Genital Cutting (FGC) verwendet, ins Deutsche etwa mit weibliche genitale Schnittpraktiken zu übersetzen.

Der Begriff Frauen- oder Mädchen-„Beschneidung“ wird in der Regel als verharmlosend angesehen, da er an den vermeintlich harmlosen Eingriff bei Jungen erinnert. Da bei diesem jedoch die Vorhaut amputiert wird und damit ebenfalls erheblicher Schaden angerichtet wird, zieht intaktiv es vor, bei beiden Geschlechtern den Begriff „Beschneidung“ zu vermeiden und von Genitalverstümmelung bzw. in Bezug auf Jungen auch von Vorhautamputation zu sprechen.

Wir verwenden in diesem Artikel daher den Begriff der weiblichen Genitalverstümmelung oder die englische Abkürzung FGM.


Verbreitung von FGM

UNICEF schätzte 2016, dass weltweit mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen an ihren Genitalien verstümmelt sind. Rund 3 Millionen Mädchen sind jährlich von FGM bedroht (Stand 2013). Aufgrund des Bevölkerungswachstums steigt die absolute Anzahl der jährlich verstümmelten Mädchen und Frauen trotz der unermüdlichen Arbeit gegen die Praktik und der Erfolge in einigen Ländern weiter an.

Die regionale Verbreitung und der jeweilige Prozentsatz der betroffenen Mädchen und Frauen wie auch die jeweils verbreiteten FGM-Typen und Durchführungsbedingungen sind aufgrund der gesellschaftlichen Tabuisierung nur teilweise erfasst. Sicher dokumentierte Hauptverbreitungsgebiete sind das westliche und nordöstliche Afrika, der Jemen, der Irak, Indonesien und Malaysia.

Darüber hinaus kommt weibliche Genitalverstümmelung jedoch in zahlreichen weiteren asiatischen Ländern vor, beispielsweise in Syrien, dem Iran, Saudi-Arabien, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch bei einigen Ethnien der australischen Aborigines ist FGM üblich und von einem kolumbianischen Indianerstamm wurde 2007 bekannt, dass FGM dort praktiziert wird.

Die Verbreitung von FGM deckt sich damit in weiten Teilen mit der Verbreitung der rituellen oder religiösen „Beschneidung“ von Jungen. Mädchen und Frauen werden fast ausschließlich dort an ihren Genitalien verstümmelt, wo traditionell auch männliche Genitalverstümmelung praktiziert wird.

Als Folge der Migration ist die weibliche Genitalverstümmelung außerdem zunehmend in Europa und Nordamerika präsent.

zu Teil 2, „Typen von FGM“ mit Grafiken weiblicher Genitalien
zu Teil 2, „Typen von FGM“ ohne Grafiken weiblicher Genitalien