Tagesspiegel-Podcast „Gyncast“ – kein Fortschritt in der Diskussion von Genitalverstümmelungen
Der Podcast „Gyncast“ des Tagesspiegels versucht in Folge 33 zu ergründen, „warum es noch Genitalverstümmelungen gibt“. Gemeint ist dabei wieder einmal nur die weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation FGM) und somit bleibt die Sichtweise und die Antwort auf die Frage beschränkt.
Wir haben unsere eigene Antwort, die wir zunächst auf unserem Twitter-Account veröffentlicht haben:
Einer der Gründe, warum die Genitalverstümmelung persistiert ist, dass sie toleriert wird und zwar auch von von den Macherinnen des Podcasts, Dr. Mandy Mangler, Esther Kogelboom und Anna Kemper.
Sie verharmlosen die Genitalverstümmelung bei Jungen und damit automatisch alle vergleichbaren Eingriffe bei Mädchen. Sie zählen in Ihrem Podcast allerlei Sachverhalte auf, die belegen, dass sich die Verstümmelung weiblicher und männlicher Genitalien durchaus ähneln und auch wenn sie nicht gleich sind, durchaus vergleichbar sind und verglichen werden müssen (religiöse Begründung, Durchführung von medizinischem Personal, angebliche Gesundheitsvorteile etc.).
Trotzdem scheuen die Macherinnen sich nicht, die Verstümmelung der Genitalien von Jungen zu verharmlosen und behaupten, dass, wenn so viele Jungen wie Mädchen von der Beschneidung betroffen wären, alles anders wäre. Dazu kann man nur feststellen, dass die Opfer männlicher Genitalverstümmelung weitaus zahlreicher sind und dies bis in die westlichen Kulturen hinein toleriert wird.
Dass dann auch noch Frau Waris Dirie erwähnt wird, die Täterin ist und ihren eigenen Sohn aus sexuell / ästhetischen Gründen heraus, an den Genitalien verletzte und sich daran erfreute, macht doch sehr deutlich, dass ein ganz wesentlicher Aspekt der Genitalverstümmelung nicht verstanden wurde: Die genitale und sexuelle Selbstbestimmung derart zu missachten, ist Wasser auf die Mühlen der Verfechter von FGM!
Wir laden Dr. Mandy Mangler, Esther Kogelboom und Anna Kemper gerne ein, sich einmal mit männlichen Opfern zu unterhalten, z. B. am Welttag für genitale Selbstbestimmung, der für den Schutz von Menschen aller Geschlechter vor Genitalverstümmelungen steht und der auch 2022 stattfinden wird.
Wer die körperliche Autonomie nicht achtet und einseitig nur einem Geschlecht zugesteht, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, effektiv gegen Genitalverstümmelung anzugehen. Beiträge wie der des „Gyncast“ stellen keinen Fortschritt der Diskussion dar.