Abschaffung der Befunddokumentation für Phimose?

ÜberweisungsscheinWenn eine „Phimose-OP“, beispielsweise wegen einer Vorhautverengung*, durchgeführt wird, muss bisher eine umfassende und 10 Jahre aufzubewahrende Dokumentation erfolgen, die unter anderem Fotos vor und nach dem Eingriff enthält. Nun beabsichtigt die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein jedoch, dem Bewertungsausschuss Ärzte  einen Antrag auf eine neue Eingruppierung von Vorhautoperationen vorzulegen, die ein Wegfallen der bisher erforderlichen Dokumentation zur Folge hätte. Begründet wird die Forderung nach Abschaffung der Fotodokumentation u. a. damit, dass sie eine Verletzung der Intimsphäre der Kinder darstelle und ein hohes kinderpornographisches Missbrauchspotenzial beinhalte.

Update 17.02.2014: Brief von intaktiv an den Bewertungsausschuss

Update 23.04.2014: Antwortschreiben der KBV

Der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch besitzt auch aus Sicht von intaktiv natürlich höchste Prioriät, jedoch muss er in diesem Fall durch andere Maßnahmen sichergestellt werden.

Denn durch den Wegfall der Fotodokumentation besteht die Gefahr, dass gravierende Verletzungen der Genitalien von Kindern in Form von medizinisch nicht indizierten „Beschneidungen“ leichter und häufiger auf Kosten der Krankenkassen durchgeführt werden können, sei es auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern oder aufgrund einer nicht sachgerechten ärztlichen Diagnose. Weiterhin würde es den Betroffenen erschwert, als Erwachsene die Gründe für ihre Vorhautamputation zu recherchieren, die fehlende medizinische Indikation für die Operation nachzuweisen und die dafür Verantwortlichen damit zu konfrontieren.

Die Anästhesistin Dr. med. Birgit Pabst hat einen Brief an den Bewertungsausschuss verfasst, in dem sie das Ansinnen der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein kritisiert und im Gegenzug eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist auf 20 Jahre fordert, so dass auch als Säuglinge und Kleinkinder „beschnittene“ Männer eine Chance auf Zugang zu ihren Akten bekommen.

intaktiv unterstützt den Brief von Frau Dr. Pabst und stellt ihn im Folgenden der Öffentlichkeit zur Verfügung:

Brief von Dr. med. Birgit Pabst an den Bewertungsausschuss vom 10.02.2014

Pressemitteilung von intaktiv: „Gefahr für Patientenrechte durch Abschaffung von Befunddokumentation“, 11.02.2014

Update 17.02.2014:
Brief von intaktiv an den Bewertungsausschuss, 17.02.2014

Update 23.04.2014:

Mit Datum vom 20.02.2014 haben wir eine Antwort von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erhalten. Demgemäß ist zumindest seitens der KBV keine Änderung der Abrechnungsbestimmungen vorgesehen. Ob eine Änderung von anderen Vereinigungen – unseren Informationen zufolge wurde der Antrag von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein vorangetrieben – bleibt damit offen…

Antwortschreiben der KBV als PDF

* Eine Vorhautverengung erfordert allerdings in den seltensten Fällen eine Operation oder gar eine Entfernung der Vorhaut!